Vielmehr kommt nun
wieder die Showtreppe zum Einsatz, die mehr als ein halbes
Jahrhundert lang den Innenraum des Krone-Chapiteaus geprägt hat.
Allerdings nur zum Teil: Genutzt werden die Stufen von der
Manege bis zur erhöhten Bühne; es fehlt die zweite Treppe, die
früher von dort noch weiter nach oben führte. Da kein Ballett
zur Verfügung steht, ist sie auch verzichtbar. Zudem gab es vor
2019 noch einen hohen blauen Vorhang, der die gesamte Showtreppe
verdecken konnte. Auch dieser wird nicht mehr verwendet. Neben
dem gigantischen Chapiteau und der eindrucksvollen Prunkfassade
wirkt die frühere Zookasse des Unternehmens als Ticketschalter
ein wenig verloren. Des Rätsels Lösung: Der neue Artisteneingang
wie auch die große „Cassa“ werden beim 1. Rosenheimer
Weihnachtscircus benötigt, der ebenfalls vom Hause Krone
ausgerichtet wird. So sind in dieser Saison, den festen Bau in
München eingerechnet, erstmals nach Jahren wieder „drei komplett
verschiedene, internationale Circusprogramme“ der Marke Krone zu
erleben, nun freilich teilweise gleichzeitig anstatt im
monatlichen Wechsel in der bayerischen Landeshauptstadt.
 
Opening,
Familie Faltyny
„Farbenspiel“ war
das Motto der letzten Wintersaison im Kronebau. Aus dieser
Produktion übernommen wurden – natürlich aufs aktuelle Ensemble
angepasst – das Konzept von Opening und Finale. Und zwar mit
einem Charivari, in dem alle Artisten Kostproben ihres Könnens
demonstrieren, beispielsweise Alexander Lichner an den Strapaten.
Im vorderen Teil der Manege lassen die fünf jungen Frauen der
Mongoljingo-Truppe die Hula-Hoop-Reifen kreisen. So entsteht,
gemeinsam mit den Beiträgen des übrigen Ensembles, insgesamt ein
wirbelnd buntes „Farbenspiel“. Es folgen Emil und Vlasta Faltyny und ihre drei Kinder – die Töchter Adriana und
Vanessa sowie Sohn Emil junior – mit ihrer temporeichen
Gruppenjonglage. Auch im Zwei-Personen-Hoch lassen die
sympathischen und attraktiven Akteure die Keulen fliegen, auf
hohen Einrädern tun Vater und Sohn dies mit Ringen, die ihnen
von den drei Damen zugeworfen werden. Die Stimmung steigt, wenn
Emil Faltyny nach zweimaligem, gespieltem Scheitern
letztendlich alle Ringe fängt, die ihm Frau und Kinder in
schneller Abfolge zuspielen.
  
Laura
Urunova, Berty Balder mit Sebastian Reich und Zuschauerin,
Martyn Chabri
Laura Urunova
dirigiert ihre quirligen Hunde durch die gleiche Trickfolge wie
im Saisonprogramm 2024 des Zirkus Charles Knie, nun aber wieder
mit dem fantasievollen, farbenfrohen Kostüm im Circusstil statt
im jugendlichen Jeanslook. Die Tiere beherrschen unter anderem
Seil- und Reifenspringen, laufen auf den Hinterbeinen und
formieren sich zur Polonaise, wobei sie von einem Mitspieler aus
dem Publikum angeführt werden. Viel zu lachen bietet der 3.
Würzburger Weihnachtscircus, denn das clowneske Fach ist mit
Berty Balder einerseits sowie Steve und Jones Caveagna
andererseits doppelt besetzt. Einem etwas kuriosen Regie-Einfall
folgend, sorgt Balder mit seinen Reprisen im ersten Programmteil
bis zur Pause für gute Laune, während die Caveagnas die zweite
Halbzeit übernehmen. Jedenfalls üblicher wären abwechselnde
Auftritte. Wie wir es von Clown Berty kennen, muss bei seinen
witzigen und sympathischen Reprisen immer wieder der gleiche
Zuschauer aus der ersten Reihe mitmachen. Am Premierenabend ist
dies ein Prominenter, der bundesweit bekannte Bauchredner
Sebastian Reich aus Würzburg. Er hat mit Bertys frechem
Vogel-Strauß zu kämpfen, darf sich mit einer Zuschauerin im
Limbo-Tanz probieren und mit einer weiteren Dame aus dem
Publikum flirten, während Berty ein Bild malt. Zu den eingangs
erwähnten „Lieblingsnummern“ gehört sicher auch die einzigartige
Darbietung von Martyn Chabri, die in glamouröser Weise
Kostümillusionen und musikalische Elemente an Wassertrommel,
Saxophon, Xylophon und Flaschenorgel miteinander kombiniert. Sie
wechselt nicht nur ihre Kleider, sondern auch vom kurzen
Blondschopf zur langen Mähne. Dabei begeistert sie mit ihrer
tollen, mitreißenden Ausstrahlung.
  
Sven
Jahn-Munoz und Mongoljingo-Truppe, Duo Garcia, Truppe Ordonez
„Farbenspiel“ soll
nach vorliegenden Informationen auch das Motto des
Saisonprogramms 2025 beim Circus Krone sein – vielleicht bietet
die nun folgende Nummer ja einen Vorgeschmack auf das, was uns
erwartet. Hier zelebrieren die fünf Damen der Mongoljingo-Truppe
Luftakrobatik an Tüchern, wobei jede Stoffbahn eine andere Farbe
hat. Sie umrahmen damit Sven Jahn-Munoz, der in der Mitte der
Manege kraftvoll an den Strapaten arbeitet, beispielsweise mit
einem Wirbel, Auf- und Abwickeln an den schmalen Bändern sowie
zwölf kraftvollen Überschlägen in Serie. Begleitet wird dieses
Schaubild von einem stimmungsvollen, spanischen Song. Das
Publikum reagiert hörbar begeistert. Schon häufig haben wir
Vicky und Pablo Garcia mit ihrer ikonischen Luftsensation an der
kreisenden Rakete erleben dürfen, aber nur einmal – vor zwölf
Jahren im Kronebau – in der humorvollen Variante mit einem roten
Propellerflugzeug. Nun wurde dieses wieder aus dem Hangar
geholt. Mit vielen Gags, aber auch riskanten Tricks wie einem
Nackenwirbel wird hier die Geschichte erzählt, wie das Flugzeug
mit dem Musical-Kindermädchen „Mary Poppins“ als Passagierin,
aber ohne Pilot abhebt – und letzterer doch noch versucht an
Bord zu gelangen, freilich unter reichlich Widrigkeiten. Uns ist
letztendlich die spannungsgeladenere Oiginalversion mit Rakete
lieber. Erinnerungen an das Krone-Tourneeprogramm um 1990 kommen
schließlich bei der Pausennummer auf, denn wohl erstmals seit
mehr als 30 Jahren wird wieder eine große BMX-Halfpipe im
Krone-Chapiteau errichtet – diesmal sogar zwei Halfpipes
nebeneinander, die durch eine Mittelplattform miteinander
verbunden sind. Das monströse Requisit wird in Querrichtung
hinter der Manege und vor der Showbühne aufgestellt, die
Showtreppe hierfür kurzerhand beiseite geräumt. Nun erleben wir
von den Akteuren der Truppe Ordonez ein wahres Festival an
Sprüngen, Pirouetten und sogar Salti auf und mit den
Sportfahrrädern. Sven Jahn-Munoz als Sprechstallmeister und
Clown Berty leiten gemeinsam und humorvoll zur Pause über.
  
Steve und
Jones Caveagna, Mongoljingo-Truppe, Alexander Lichner
Zur Eröffnung des
zweiten Programmteils begrüßt uns dann, maximal extrovertiert
und sympathisch, Clown Steve Caveagna. In der Loge entdeckt der
Typ mit dem markanten Outfit mit kurzer Hose, Kniestrümpfen,
rotem offenem Hemd über dem T-Shirt und Stachelfrisur sogleich
seine „Oma“. Begleitet wird er von seinem Bruder Jones. Typisch
für die beiden ist, wie sie ihren in der Struktur traditionellen
Reprisen und Entrees mit Smartphone-Unterstützung einen modernen
Twist geben. Dies zum Beispiel beim Musikal-Entree, bei dem
Jones sein Können auf Instrumenten beweisen und Steve Musik vom
Handy abspielen will. Mit ihren Dating-Apps auf den
Mobiltelefonen machen sie ganz speziellen Erfahrungen. Ganz
nebenbei ist Steve ein fantastischer Diabolojongleur. Bis zu
vier von ihnen hält er in der Luft. Häufig zu erleben sind
Kontorsionsnummern, bei denen die Solo-Artistin – oder der
Solo-Artist – am Ende einen Bogenschuss mit den Füßen auslöst.
Die Mongoljingo-Truppe beherrscht dieses Prinzip hoch fünf: Das
Quintett nutzt dazu ein Podium mit zwei darauf angebrachten,
erhöhten Plattformen und gegenüber drei Zielscheiben. In immer
neue Posen formen sie ihre Körper, um unterschiedliche
Bogenschüsse durch Geschicklichkeit der Zehen zielgenau zu
platzieren. Mal schießen sie gemeinsam fünf Pfeile gleichzeitig,
mal tragen sie zusammen eine der Akteurinnen, die den Schuss
auslöst. Alexander Lichner schwebt zunächst im Mundstand auf dem
Washingtontrapez von der Kuppel gen Boden. Dann erklimmt er in
kräftezehrender Weise ein Seil, um ans Trapez zu gelangen. Zu
den Spitzentricks gehört, wie er sich am schwingenden Trapez vom
Knie- in den Fersenhäng gleiten lässt. Schlussendlich hält er
sich nur noch an einer Ferse. Noch spektakulärer der Sturz aus
einer gehockten Position auf der Trapezstange in den Fershang,
wieder am schwingenden Requisit. Im Zahnhangwirbel am
schwingenden Trapez geht es zum Abschluss dieser
außergewöhnlichen, furiosen Darbietung zurück zum Boden. Nicht
wenige Besucher spenden ihm an diesem Abend im Stehen Applaus.
  
Hubert
Fella, Emil Faltyny, Nagaika Tribe
Nach Bauchredner
Sebastian Reich hat an diesem Abend noch ein weiterer
Prominenter seinen Auftritt in der Krone-Manege: Reality-TV-Star
Hubert Fella („Hot oder Schrott – Die Allestester“) darf einen
der Papageien von Laura Urunova auf seinem ausgestreckten Arm
landen lassen und einen anderen auf Händen tragen. Auch bei
Krone begeistert Laura Urunova nicht nur mit ihren
farbenprächtigen Aras, einem Kakadu und Sonnensittichen, sondern
auch mit ihrem Charme und ihrer wunderbaren Ausstrahlung. Immer
wieder faszinierend ist es, wenn die Aras stolz ihre Runden
unterm Zeltdach drehen und anschließend auf den Händen der
Tierlehrerin landen. Ein riesiger, bunter, mit Pailletten
besetzter Papagei ziert ihr Kostüm. Immer wieder gerne sehen wir
auch Emil Faltyny mit seinen Balancen auf der freistehenden
Leiter. Bei seinem Schlusstrick stehen die beiden Stufenleitern,
die er besteigt, auf einer Art runder Wippe, so dass sich das
Konstrukt bei jedem Schritt bedrohlich von einer zur anderen
Seite neigt. Aus dieser Position kickt er auch noch einen
Fußball in die Ecke des Metallkubus‘, den er mittels einer
Stange über dem Kopf balanciert. Nach all den bekannten
Circusstars schließt das Programm mit einer Nummer, die
Deutschlandpremiere feiert und die wir auch im Ausland zuvor
noch nie gesehen haben. Die fünf bildschönen, langhaarigen Damen
von Nagaika Tribe widmen sich der Dschigitenreiterei, einem
ansonsten vorwiegend männlich dominierten Genre. Dieses bürsten
sie zugleich gegen den Strich, denn sie präsentieren sich ganz
cool, ohne martialische Gesten, ohne wildes Geschrei. Keine
folkloristischen, sondern mystische Elektro-Klänge begleiten das
Trickrepertoire, das viele bekannte Elemente umfasst. Jeweils im
vollen Galopp werden kopfüber hängend Tücher vom Boden
aufgenommen, wird auf- und abgestiegen oder quer zum
Pferderücken liegend geritten. Und vieles anderes mehr.
Spitzentrick ist die Umrundung eines Pferdebauchs. Bravo,
Bravissimo! |