Das Zelt
füllt sich in der besuchten Vorstellung bis auf den
sprichwörtlichen letzten Platz. Drei Reihen gepolsterte
Logenstühle und dahinter sieben Reihen einfache Holzbänke
umschließen die Manege. Links und rechts des Kassen- und
Fassadenwagens in Form eines Tigerkopfes ist eine Art Kirmes mit
mehreren Fahrgeschäften aufgebaut. Besonders nach der
Vorstellung finden die Karussells regen Zulauf. Im Vorzelt sind
neben dem Restaurationswagen noch diverse weitere Verkaufsstände
aufgebaut; Fotos aus der Show sowie Tische mit Decken, Lämpchen
und gepolsterten Bänke laden hier zum Verweilen ein.
Front mit "Kirmes", Jaromír
Joo
Wie in der
Romanvorlage beginnt auch die Circusshow damit, dass „Alice“ (Marela
Joo jun.) von ihrer Schwester aus einem Buch vorgelesen bekommt
und dann ein weißes Kaninchen entdeckt. Diesem folgt sie ins
„Wunderland“, das sich nun in der Manege entfaltet. Auch die "Grinsekatze"
darf nicht fehlen. Das bunte
Charivari geht gleich in eine der beiden Raubtiernummern des
Programms über. Und diese ist eine ganz besondere Rarität. An
der Longe – ohne Zentralkäfig – werden von Direktor Jaromír Joo
und einem Assistenten zwei Pumas vorgeführt. Der Direktor, hier
in Gestalt des Herzkönigs, legt sich einen der Pumas über die
Schultern und lässt sich dann vom zweiten Tier überspringen.
Spektakulärer Abschluss der Nummer ist der Sprung eines Pumas
über sechs am Boden kniende Ensemblemitglieder.
Ba und Daniel Joo, Patrik Joo, Khaliuka Narankhuu
Als
„Rocker“ präsentieren sich die Jo-Joo-Junioren Ba und Daniel an
den Strapaten. Sie gelangten in der tschechischen Variante der
Supertalent-Show bis ins Halbfinale. Einzel- und Partnertricks,
Genickhang und Zahnhang gehören zum Repertoire. Jaromir jr.,
eigentlich der Dritte im Bunde, muss wegen einer Knieverletzung
pausieren. Zurück zur Alice-Handlung geht es mit Juniorchef
Patrik Joo. Als „Hutmacher“ dirigiert er sechs Ponys
– alle Hütchen tragend – sicher und routiniert durch vielfältige
Lauffiguren. Ein wippendes Pony und ein Steiger bilden den
Abschluss. Als „schwarzer Schwan“ arbeitet die asiatische
Kontorsionistin Khaliuka Narankhuu. In Passagen auf einem Arm
und schließlich dem Mundstand gipfelt ihre Kunst. Vier
Figurantinnen als „weiße Schwäne“ umringen sie.
Ba Joo, Jaromír Joo,
Josef Kaŝĉák
Nach einem
Auftritt von Jindrich Joo als „Human Slinky“ wird der erste
Programmteil mit einer großen Orientalshow – mit
Riesenschlangen, Feuerspucken und Tänzerinnen - beschlossen.
Dann geht es in die erste von zwei Pausen, die große Teile des
Publikums für einen Zoobesuch nutzen. Die Attraktion in
der Tierschau: Direktor Jaromír Joo sprüht sich Sahne ins
Gesicht, die einer seiner Tiger ihm von den Wangen leckt. Das
zweite Drittel der Show beginnt in der besuchten Vorstellung mit
einer echten Premiere: Der jugendliche Ba Joo tritt erstmals mit
einer neu einstudierten Darbietung auf der Slackline auf. Der
Sprung über eine Reitgerte und eine Feuerbarriere sowie der
Rückwärtssalto, bei dem er vor dem Absprung einen Reifen
hochwirft und nach dem Salto wieder fängt, gehören bereits jetzt zum Repertoire. Mit
dieser Darbietung wäre der ehrgeizige junge Artist, wie Jongleuse Kelly Joo im Jahr 2008, ein interessanter
Kandidat für den nächsten European Youth Circus in Wiesbaden 2016. Das Publikum geht hier begeistert mit, und so
steigert sich die Stimmung immer weiter.
Marcela Joo jun. uns Robert Mukensnabel, Petr
Smaha, Dana Joo
Richtig
gut kommt auch die Quickchange-Nummer von Marcela Joo jun. und
ihrem Verlobten Robert Mukensnabel an. Viele Jahre lang war das
tschechische Jonglage-Trio „Vinicki-Smaha“ erfolgreich in
zahlreichen Manegen unterwegs. Nun sehen wir den männlichen
Akteur Petr Smaha erstmals solo. Mit viel Freude und
Ausstrahlung jongliert er mit Keulen. Großartig, wie er zum
Abschluss fünf Keulen ausdauernd mit Händen und Füßen in der
Luft hält. Die Alice-Geschichte wird bei der quirligen
Dalmatiner-Dressur von Dana Joo wieder aufgenommen. Hier ist die
Tierlehrerin die Herzkönigin und ihre Assistenten bzw. die
Figuranten im Hintergrund die weiteren Spielkarten. Selbstredend
zieren auch die Postamente Spielkarten-Motive. Zum Abschluss
sausen die Hunde eine Rutschbahn hinunter. Für ein weiteres
Highlight sorgt der – ebenfalls tschechische – Rola Rola-Artist
Paolo Kaiser, u.a. von seinen Engagement beim Zirkus Charles
Knie auch in Deutschland bestens bekannt ist. Dieser
großartige zweite Programmblock wird nun mit einer hauseigenen
Ensemble-Nummer beschlossen, mit der sich die Stimmung zum
Höhepunkt steigert: Acht "Zwerge" zeigen ein fröhliches und
varianten- wie trickreiches Seilspringen. Schon die jüngsten
Mitglieder der Familie Joo kommen bei diesem bunten Spektakel zu
ihrem Manegenauftritt.
Josef Kaŝĉák und
Robert Mukensnabel, Jaromír Joo, Dana Joo
In der zweiten Pause wird der
Zentralkäfig errichtet, in dem Direktor Jaromír Joo fünf Tiger
präsentiert. Pyramide, Reifensprung, Balkenlauf, zweifacher
Hochsitzer und Kontaktricks wie der Tigerkuss und die Gabe einer
Milchflasche gehören zum gezeigten Repertoire.
Schlussnummer ist eine schöne Kombination aus Artistik und
Tierdressur: Dana und Jindrich Joo zeigen nicht nur ihr Können
an den Strapaten, sondern tragen bei ihren Flügen
unterm Zeltdach auch Papageien mit sich. Auch ein
Freiflug der Vögel durchs Chapiteau wird präsentiert. Die Show läuft
insgesamt flott und ohne Ansagen ab. Umbauten werden
unter anderem von dem hauseigenen Clownsduo überbrückt, Josef Kaŝĉák als „Orientale“ und Robert Mukensnabel als überdrehte
Frau mit lockiger Haarpracht. Mit Reprisen im ursprünglichen
Sinne des Wortes nehmen sie einige Male das Thema der vorherigen
Darbietung auf, zum Beispiel bei ihrer Version des „Quickchange“
oder dem „Schwanentanz“. „Ganz in weiß“ gestaltet ist dann das
Finale. Tänzerinnen mit prachtvollem Kopfschmuck kommen die
beiden Showtreppen links uns rechts herunter, aus der Kuppel
regnet es Luftballons und Seifenblasen, das Ensemble nimmt in
weißen Kostümen den begeisterten Schlussapplaus entgegen. Wer
hier völlig zu Recht zu Standing Ovations aufspringen will, der
muss sich leider beeilen, denn das Finale ist zwar schön,
aber zu kurz.
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