Noch
nie war die Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen derart stark! Während
in der Vergangenheit die herausragenden Darbietungen meist unter den
18- bis 25-jährigen Teilnehmern zu finden waren, so drücken diesmal
gleich vier „Wunder-Mädchen“ aus der Ukraine dem Festival einen Stempel
auf und buhlen um die Gunst von Jury und Zuschauern.
Vladyslava Naraieva, Valeriia Davydenko,
Ameli Bilyk
Gold in
der Altersgruppe I (12 bis 17 Jahre) erhält schließlich die 13-jährige
Equilibristin Vladyslava Naraieva, die unter anderem im einarmigen
Handstand eine Treppe hinauf hüpft und einen Turm aus Klötzchen abbaut.
Dass sie den Vorzug vor ihrer gleichaltrigen Landsfrau Valeriia
Davydenko bekommt, mag am originelleren Kostüm als Harlekin liegen.
Davydenko jedenfalls präsentiert die elegantere Darbietung und steht
auch technisch nicht hinten an, sos das mehr als Silber verdient gewesen
wäre. Eine überragende Darbietung präsentiert auch Ameli Bilyk, die
trotz ihrer ebenfalls erst 13 Jahre einen absolut sicheren Tanz auf dem
Schlappseil hinlegt oder auf Händen auf diesem läuft. Neben Bronze gibt
es auch den Publikumspreis.
Anna Plutakhina, Tightrope Walkers
Kuznetsov
Noch
mehr Charme strahlt die 12-jährige Anna Plutakhina aus. Trotz einer
auch technisch sehr ordentlichen Nummer an Tüchern hat sie ein
Nachsehen, erhält aber den Preis des ungarischen Circus- und
Varietéverbandes Maciva. Ein weiterer Bronze-Preis geht indes nach
Weißrussland. Was die fünf jungen Akrobaten der Tightrope Walkers
Kuznetsov auf dem Drahtseil wagen, ist spektakulär: so überqueren sie
ihr Requisit beispielsweise im Zwei-Personen-Hoch auf Stelzen, springen
vom Drei-Personen-Hoch auf einen Vordermann oder rollen per Einrad das
schräg gestellte Seil herab.
Zdenek Polach, Oleksandra Sobolieva, Duo
Skyline
Zum
dritten Mal in Folge kann sich in der Altersgruppe II (18 bis 25 Jahre)
ein Jongleur durchsetzen. Zdenek Polach jongliert im schlichten
schwarzen Kostüm mit kleinen weißen Bällen. Am Ende hält der Tscheche
davon sieben Exemplare ausdauernd in der Luft. Insbesondere mit
Originalität punktet Oleksandra Sobolieva aus der Ukraine, die mit
vollschlanker Figur und im lässigen Flirt mit ihrem Assistenten die
Hula Hoops kreisen lässt oder sie jongliert. Dafür gibt es Silber vor
den beiden Landsfrauen, dem Bronze-Duo Skyline mit eleganten
Haltefiguren und Abfallern an den Tüchern.
Four Sides, Saana Leppänen, Duo Olivia
Auffällig
ist die eingangs angesprochene unterschiedliche Ästhetik – insbesondere
in der Aufmachung der Darbietungen – zwischen Ost- und Westeuropa, die
dieses Festival vereint. Da stehen beispielsweise ganz klassisch in
Szene gesetzte Darbietungen wie das Drahtseil und dem noch nicht ganz
reifen, dennoch mit einem Engagement beim Feuerwerk der Turnkunst
belohnten Haltestuhl der Four Sides von der ungarischen Circusschule
den zeitgenössischen Interpretationen der Finnin Saana Leppänen am
Vertikalseil gegenüber, die für ihre Nummer die Auszeichnung der CVA
Schweiz bekommt. Auch das mit dem Preis der Wiesbadener Kirchen
ausgezeichnete Trapez-Duo Olivia aus Schweden und der vom Neuen Theater
Höchst dekorierte Schweizer Jongleur Jeromy Zwick verkörpern den eher
einen Neuen Circus-Stil.
Mike Togni jr., Nina Sugnaux, Alexander Mitin
Ganz
anders hingegen das italienische Geschwisterpaar Sharon und Mike Togni
jr., das den Traditionen mit Lasso-Spielen huldigt und ordentlich Tempo
ins mastenfreie Zelt bringt. Dafür gibt es den Preis der GCD, während
sich Nina Sugnaux über die Anerkennung des deutschen Varietéverbandes
für ihre Darbietung am Tanztrapez freuen darf. Die Schweizerin
präsentiert eine in der Aufmachung reduzierte Nummer mit ansprechenden
Tricks; ebenso der russische Handstand-Equilibrist Alexander Mitin, der
bekannte Vorbilder erkennen lässt. Engagements bei Grandezza
Entertainment und im Tigerpalast warten nun auf ihn.
Azamat
Aldanbaev, Louisa Sophia Drgala, Aki Haikonnen
Einige Darbietungen bleiben
ohne Auszeichnung, etwa der auf Büchern balancierende Russe
Azamat Aldanbaev, Louisa Sophia Drgala von diesjährigen
Absolventenjahrgang der Berliner Artistenschule am Pole sowie
die ebenfalls aus Deutschland stammenden Stella Garbe Huedo
mit Equilibristik und Diabolo-Jongleur David Eisele. Auch der
niederländische Strapaten-Artist Sander Boschma, die
russischen Stelzenspringer Jump‘N‘Roll, Landsfrau Liubov
Uliankina am Trapez und die beide aus Finnland stammenden
Jongleure Ipsa ilpala mit Antipoden und Aki Haikonnen mit
Ringen finden keine Berücksichtigung. Das hoch gehandelte
moldawische Duo Our Story am chinesischen Mast fällt leider
verletzt aus.
Axel Schiel
Mit Axel Schiel führt ein neuer
Moderator durch die Vorstellungen, der die einzelnen
Teilnehmer mit persönlichen Geschichten vorstellt. Regisseur
Sebastiano Toma und seine Assistentin Pegah Ghalamber haben
erneut für jeden Artisten ansprechende Videos kreiert, die zur
Einstimmung auf den Artisteneingang projiziert werden. Darauf
sitzt zwar erneut eine sechsköpfige Band, nur kommt diese
leider kaum zum Einsatz. Ebenfalls zum Kreativteam gehört auch
wieder Choreografin Sonia Bartucelli, die unter anderem
Opening und Finale gestaltet hat und mit dem Musikstück
„Circus“ von Mia einen eindringlichen Ohrwurm in die Köpfe von
Artisten und Publikum setzt, der die fröhliche Stimmung des
Festivals perfekt transportiert. |